Interview mit Friseurmeister und Saloninhaber von „Haarchitektur“ in Lüneburg
Christian Funk ist Friseurmeister und Saloninhaber von „Haarchitektur“ in Lüneburg vor den Toren Hamburgs im Hohen Norden. Auch neben seinem Salon ist Herr Funk sehr aktiv als Dozent und Prüfer der Meisterschule in Lüneburg. Seine und alle anderen Friseurauszubildenden liegen ihm besonders am Herzen. Mit der Leuphana Universität unterstützt er vor allem Hauptschulen mit dem Programm „Fit für die Bewerbung“. Außerdem betreut Christian Funk noch sehr aktiv seinen eigenen Haarchitektur-Blog zu einer breit gefächerten Auswahl an Themen.
Wir danken Herrn Funk ganz herzlich, dass er sich neben seinen vielseitigen Engagements Zeit für die Beantwortung unserer 10 Fragen genommen hat.
- Hallo Herr Funk, bitte stellen Sie sich und Ihren Salon „Haarchitektur“ kurz vor.
CF: Hallo, ich bin im April diesen Jahres 10 Jahre hier in Lüneburg selbst und ständig und habe einen recht großen Friseursalon mit 13 Plätzen im Herzen von Lüneburg. Meine 11 Angestellten und ich haben es geschafft trotz der angespannten Marktlage, sehr erfolgreich mit einem überaus guten Betriebsklima hier in Lüneburg on Top zu sein. Besonders am Herzen liegt mir das Thema Ausbildung, welches ich selbst mit einem eigenen Ausbildungssystem in meinem Betrieb perfektioniert habe. Zurzeit habe ich 6 Azubis, die alle hochmotiviert und mit Feuereifer bei der Sache sind. Ich habe ein Jahrzehnt an meinem Image als Ausbilder gefeilt und muss mich deshalb „noch“ nicht mit Nachwuchssorgen quälen.
- Im Februar diesen Jahres haben Sie Ihren mittlerweile gut besuchten Haarchitektur-Blog gestartet. Was war damals die Initialzündung hierfür?
CF: Sie werden es nicht glauben, eigentlich wollte ich nur Suchbegriffe auf meine Website einbauen. Tipps und Tricks für Kunden, die wollte ich schon lange auf die Website bringen. Nach dem ich dann meine Ansichten und Meinungen in den PC getippt hatte, wurde mir klar, dass das alles viel zu viel Info für eine Website wäre. So war die Idee mit dem Blog geboren. Nach dem ich alle Kundenthemen abgearbeitet hatte, brachte ich meinen ersten friseurkritischen Beitrag „Der kleine Unterschied“ den ich dann auch passend in einer Facebook-Gruppe platzierte. Hier wurde ich dann in nur einem Tag und einer Nacht mit über 1.500 Lesern beglückt und bekam sehr viel positives Feedback. Eine Menge Leute teilten meinen Beitrag auch in anderen Facebook-Gruppen und viele wollten mehr von mir hören. Nun habe ich fast 21.000 Leser in dieser kurzen Zeit – eine für mich völlig überwältigende Anzahl!
- In der Friseurbranche kriselt es. Worin sehen Sie die größten Probleme/Baustellen, die die Branche, Friseursalons sowie Friseurinnen und Friseure nun angehen müssen?
CF: Für mich ganz klar: das schlechte Image! In den Medien hörte man nur von mies bezahlten Friseuren, die zum größten Teil in Billig-Ketten Akkord arbeiten und hierbei nicht einmal genug zum Leben verdienen. Das Thema Mindestlohn wird fast schon mit Friseuren assoziiert. Das es aber an anderen Stellen tausende Unternehmen mit gänzlich anderen Strukturen gibt, die trotz guter Löhne keine adäquaten Mitarbeiter finden, wird hier verschwiegen. Wichtig ist es auch zu erwähnen, dass die Friseure ja völlig freiwillig zu diesen Seelenverkäufern schaffen gehen. Denn jeder hat doch die Wahl, sich nach einem „guten Chef“ umzusehen. Ein weiteres großes – durchaus größeres – Problem sind die ca. 25.000 (ca.32%) Kleinst- oder Mikrounternehmen mit einem jährlichen Umsatz unter 17.500€ und weitere 28.000 Friseurläden, die angeblich unter 50.000€ Jahresumsatz liegen. Hier wird bei ca. 15% Gewinn in der Branche das Einkommen in der Regel dann schwarz generiert. Das ist es, was unser Handwerk langsam ausbluten lässt.
- Jüngst haben Sie vor allem darauf hingewiesen und betont, dass der wichtigste Faktor im Salon der Mitarbeiter ist. Was bedeutet das praktisch für den Saloninhaber?
CF: Win/Win/Win, für Kunde, Mitarbeiter und Unternehmer! Nur wenn alle drei Faktoren einen Mehrwert von der Dienstleistung erwarten können, kann ein Geschäftsprinzip funktionieren. Gegenseitige Wertschöpfung, Förderung, aber auch Forderung! Denn ein hohes Gehalt erfordert auch einen hohen Umsatz und diesen kann nur ein zufriedener und motivierter Mitarbeiter generieren. Wir reden in meinem Salon eben nicht mehr von Mindestumsätzen: bei uns wird dieses Wort durch Mindestverdienst ersetzt. Wir streben hier 2.000€ an. Dies ist eine ganz andere Psychologie und der Druck wird durch etwas Positives ersetzt, hört sich einfach ganz anders an, wenn man sagt „Du verdienst zu wenig!“, als „Du machst nicht genug Umsatz!“
- Friseursalons klagen häufig, dass sie keine geeigneten Auszubildenden finden. Woran fehlt es den Lehrlingen heute? Wie beheben Sie solche Schwachpunkte?
CF: Den jungen Menschen fehlt heute nicht mehr oder weniger als es zu meiner Jugendzeit gefehlt hat. Die Jugend von heute ist sicherlich anders, als die Jugend von damals. Das war schon immer so. Aber sicherlich ist sie nicht schlechter. Wenn es irgendwelche Defizite geben sollte, werden die intern behoben, wenn es sein muss, gebe ich gerne auch mal etwas Nachhilfe. Viel wichtiger sind Motivation, Softskills und eine gute Kinderstube. Wenn die jungen Menschen den Spirit bei uns spüren, werden sie letztendlich angesteckt und schon von klein auf zum Erfolg erzogen.
- Sie fördern und fordern Ihre Auszubildenden. Wie ist die Friseurausbildung bei Ihnen organisiert?
CF: Wir haben intern nur noch 2 Lehrjahre, in dieser Zeit werden die Azubis intensiv intern, sowie auch extern geschult. Hier wird vom ersten Tag an am „Kunden“ mitgearbeitet. Das bedeutet unter Anleitung der erfahreneren Azubis werden Zu- und Hilfsarbeiten am Kunden ausgeführt. Natürlich wird auch noch am Übungskopf und Modellen geübt, beispielsweise Haarschnitte. Die Azubis sind bei uns der wichtigste Faktor für Kundenservice und Kundenbindung. Dies wird ihnen auch von Anfang an so mitgeteilt, was ihren Status deutlich erhöht und sie nicht zu Mitarbeitern zweiter Klasse degradiert. So liegt die Motivationschwelle natürlich deutlich höher. Lob und Anerkennung werden durch Aufgaben höherer Verantwortung kommuniziert. Ab dem dritten Lehrjahr steigen unsere Azubis zu Youngstylisten auf. Sie arbeiten dann weitestgehend eigenverantwortlich an ihren eigenen Kunden und verfügen natürlich auch über alle wichtigen Fähigkeiten. Nun können sie ohne Termin und Umsatzdruck am Kunden, Erfahrung und Routine erlangen und bereiten sich nebenbei auf ihre reguläre Abschlussprüfung vor. So sind sie am Ende der Ausbildung wirklich fertige Friseure mit „Berufserfahrung“ und auch eine Übernahmechance erhöht sich so deutlich.
- Welche Verantwortung und Pflichten hat Ihrer Meinung nach der Friseurunternehmer gegenüber den Auszubildenden?
CF: Laut Handwerksordnung ist die oberste Pflicht eines Ausbilders, dem jungen Menschen einen Weg zu ebnen, sein „privates“ sowie auch berufliches Leben zu meistern. Ich habe immer ein stets ehrliches und väterlich/freundschaftliches Verhältnis zu meinen Azubis. Wichtig ist hier die Grenzen deutlich und klar zu ziehen. Der Rest ist ganz einfach: die gute alte Regel „Zuckerbrot und Peitsche“!
- Thema Mindestlohn: Welche Veränderungen kommen da einerseits auf Sie als Saloninhaber aber auch andererseits auf die Mitarbeiter zu?
CF: In meinem Unternehmen, kommen keine Veränderungen auf uns zu. Das lächerliche Thema Mindestlohn ist doch nur Politikpolemik. Verdienst kommt von Verdienen. Hier verlange ich unternehmerisches Denken von meinen Mitarbeitern. Wichtig ist auch, dass jeder Mitarbeiter über Umsatz, Kosten und Gewinnstrukturen informiert ist. Viele denken, der Chef steckt sich die Hälfte Ihres Dienstleistungsumsatzes direkt in die Tasche. Wenn ich aber allen Mitarbeitern vorrechne, dass nur ca. 5% Gewinn in der Dienstleistung stecken, sind alle schockiert. So sehen sie, dass Umsatz für Gehalt steht und woran ich dann wirklich Geld verdienen kann. Hier sind ganz einfach betriebswirtschaftliche Kenntnisse gefragt, die ich meinen Mitarbeitern erkläre. Denn man kann nur schaffen, was man auch versteht!
Auch sollten allen Arbeitnehmern bewusst gemacht werden, dass es sich kein Chef leisten kann, einen umsatzstarken und fleißigen Mitarbeiter schlecht zu bezahlen. Aber hier wird an allen Fronten nur gejammert. Was es aber bei uns nicht mehr geben wird: Mitarbeiter die ihre Leistung dauerhaft nicht erbringen… das ist eine Teamentscheidung!
- Als Dozent der Friseurmeisterschule sind Sie an der Bildung der zukünftigen Meister des Friseurhandwerks beteiligt. Ihre Top-3 Ratschläge für diejenigen unter den Meisterschülern, die auch selbst einen Salon eröffnen wollen?
CF:
- Verkauft Euch nicht unter Wert!
- Bleibt authentisch und feilt an Eurer Entwicklung!
- Bleibt fair und immer ehrlich, aber seid nicht das Sozialamt!
- Wie lautet Ihre Prognose für die zukünftige Entwicklung der Friseur- und Beautybranche?
CF: Ich denke, dass sich das Handwerk insofern verändern wird, dass nur noch „Billig“ und „Teuer“ existiert. Alles, was dazwischen vor sich hin dümpelt, wird meiner Meinung nach verschwinden. Langfristig wird sich Qualität durchsetzen. Die „Geiz ist Geil“-Mentalität, verliert sich gerade zusehends. Aber es wird immer Menschen geben, die sich mit einem geringen Bildungs- und Ausbildungsstand einfach eine teure Dienstleistung nicht leisten können. Nun muss sich jeder Unternehmer, aber auch Mitarbeiter, entscheiden in welche Richtung sein Berufsleben gehen soll!
Wenn ich ehrlich bin… ich habe nicht wirklich eine Ahnung in welche Richtung es geht. Ich glaube wir befinden uns gerade an einem Scheideweg!
Weitere Informationen zu Christian Funk:
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